Meine Wikinger

Samstag, 23. April 2011

Blick in die Vitrine: Verkehrserziehung

Wiking-Modelle wurden früher häufig für die Verkehrserziehung in Schulen oder Fahrschulen genutzt. Daher hatte Wiking auch eine Zeit lang extra Schulsätze im Angebot, Packungen, die alles enthielten, was für eine realistische Darstellung des Straßenverkehrs nötig war. Auch in der Werbung wurde dieser Nutzen der Modelle hervorgehoben, wie man an diesem bekannten Motiv, das auch den Hintergrund des Blogs bildet, sehen kann:
Es zeigt einen Berliner Verkehrspolizisten, der den Kindern aus einem Heim an zwei aufgebauten Straßenplänen etwas erklärt. Das Foto ist detailliert nachkoloriert, was rechts zu einem blauen MB L3500 Löschfahrzeug geführt hat. Der Junge neben dem Polizisten trägt ein Hemd mit dem Brandenburger Tor und den Olympischen Ringen, damals bereits über 10 Jahre her. Ob es sich um einen (neudeutsch) "Merchandising"-Artikel oder um die Kleidung von Mitwirkenden (Helfern?) handelt, weiß ich nicht.
Einige Jahre später wirbt man mit diesem Bild, die selben Kinder, aber nun mit verglasten Modellen. Eindeutig eine Fotomontage, allerdings eine recht gut gemachte. Der Junge mit dem Olympia-Hemd hat noch immer die Garage in der Hand, das Auto an der Hand des Polizisten wirkt wie nachträglich eingefügt. Doch das Thema, ein Polizist, der Kindern anhand von Wiking-Modellen den Straßenverkehr näher bringt, das scheint auch nach Jahren noch aktuell zu sein.

Nachtrag: Das Original zu der Fotomontage findet sich übrigens auf der Titelseite einer Bildpreisliste vom Oktober 1954. Die Anordnung der Modelle ist gegenüber dem farbigen Bild leicht verändert, der Polizist hält ein Modell (Tempo Matador Flachpritsche) in der Hand. Dieses Modell ist auch auf der obigen Abbildung sichtbar, allerdings nicht als unpassendes unverglastes zu erkennen.

In den 1950er - 1960er Jahren gab es in Sachen Verkehrserziehung einiges nachzuholen. Das deutlich gestiegene Verkehrsaufkommen und der technische Fortschritt brachten neue Gefahren und auch neue Vorschriften und Verkehrszeichen. Mit diesen mussten sowohl die erfahrenen Fahrer, als auch Fahranfänger und Kinder vertraut gemacht werden.
Dieses Vitrinenfach gibt einen kleinen Einblick, in die damalige Verkehrserziehung.
Im Vordergrund vier Lehrbücher, wie sie damals von verschiedenen Verlegern herausgegeben wurden. Rechts der Shell-Ratgeber "Fahren mit Pfiff", dass mit Zeichnungen, und Fotos realer wie auch mit Modellen nachgestellter Szenen Tipps und Hinweise für Autofahrer gibt. Mein Exemplar trägt einen Stempel der Fahrschule Roers aus Hamburg, wo es wohl früher eine sinnvolle Lektüre war.
Darüber liegen die Bände 1 und 3 des "Lehrbuch für Kraftfahrer" aus dem Degener-Verlag, der heute zum "Fachverlag für Fahrschulen und Verkehrserziehung" geworden ist. Der Inhalt orientiert sich an den Paragrafen der Straßenverkehrsordnung und ist wohl eher für Fahranfänger gedacht, während der Shell-Ratgeber sich auch an erfahrene Fahrer richtet. Es fällt auf, das wesentlich mehr technisches Wissen gelehrt wurde, als dies heute der Fall ist. Auf diesen Aspekt konzentriert sich das vierte Buch, "Car Care", 1956 herausgegeben von Castrol.
Allen diesen Büchern ist gemein, dass sie eine gewisse Portion Humor enthalten, um das Lesen angenehmer und den Stoff nicht zu trocken werden zu lassen. Aus heutiger Sicht bringen einige Aussagen den Leser unfreiwillig zum Schmunzeln: "Das moderne Kraftfahrzeug ist ständig vervollkommnet worden: zu einer zuverlässigen und unempfindlichen, nahezu narrensicheren Maschine [...]" (Fahren mit Pfiff), oder "Today's perfect motor car is swift and silent, safe and reliable. [...] The modern car is now a precision instrument and requires equally precise lubrication." (Car Care) Die aktuelle Technik wird offenbar jeweils als nahezu perfekt betrachtet. Ähnliche Aussagen finden sich allerdings auch schon in "Das moderne Automobil" von 1921 ;-)
Viele Aussagen haben jedoch auch heute noch ihre Gültigkeit: "Das Problem 'Maschine' ist weitgehend überwunden - Das Problem unserer Tage heißt 'Fahrer'" aus '"Fahren mit Pfiff" ist wohl eine zeitlose Aussage.
Im Hintergrund noch ein Straßenatlas von Continental für die "Besatzungszonen Deutschlands", bereits im erwähnten Buch von 1921 empfohlen, waren die Continental Straßenkarten wohl über Jahrzehnte eine Art Standardwerk.
Ein schönes Zeugnis der damaligen Zeit ist der Hinweis von Gasolin "Nimm Dir Zeit - und nicht das Leben!". Ein Spruch, der wohl auch heute noch aktuell ist, wie ich finde genial einfach und prägnant. Er ähnelt in Aussage und Machart, dem Hinweis, den meine Mutter früher von ihrer Mutter mit auf den Schulweg bekam "Lieber erst um vier zu Haus, als um drei im Krankenhaus".

Ein wichtiger Teil der Verkehrs(früh)erziehung, ist und war die Polizei. Daher befinden sich in der Vitrine auch drei Abzeichen Bremer Polizeiuniformen. Hier einmal in groß, das metallene Brust-Abzeichen der "BREMEN POLICE". Bremen war nach dem zweiten Weltkrieg amerikanisch besetzt, daher war auch die Polizei anfangs sehr amerikanisch geprägt. Dunkle Uniformen, achteckige Mützen und Metall-Abzeichen in Wappenform. Bis auf das Abzeichen also fast so wie heute wieder. Leider habe ich nur ein schlechtes Bild solcher Uniformen gefunden.
Wesentlich gewohnter ist da doch das grüne Ärmelabzeichen mit dem Schriftzug "POLIZEI" und dem farbigen großen Bremer Wappen. Auch dieses Abzeichen ist nun schon wieder Geschichte.
Aus der gleichen Zeit stammt auch das Blechauto links im Bild, 'Made in U.S.-Zone Germany" von Jean Höfler. Ein Zufallsfund aus einem Konvolut, der hier einfach nur als zeitlich passend einsortiert wurde.

Doch nun zurück zu Wiking, im Hintergrund steht die Schachtel des "Kleinen Schulsatz". Leider handelt es sich nur um die Schachtel mit dem eingeklebten Einsatz für die Modelle. Der Einsatz für das Zubehör fehlt und auch der komplette Inhalt. Hier habe ich die Bestückung mal mit Hilfe einiger meist neuerer Modelle nachempfunden. Zum Teil sind es laut GK 2003 aber auch die richtigen.
Pferdefuhrwerk, LKW mit und ohne Anhänger, Bus, Trecker, PKW und Transporter. Dazu noch Verkehrszeichen, Polizisten, Personen und Motorradfahrer, alle was man braucht um die wichtigsten Verkehrssituationen nachzustellen. Was genau früher mal in dieser Schachteln drin war lässt sich nicht mehr feststellen, überhaupt dürfte die Bestückung stark geschwankt haben. Die Datenbank weicht sowohl vom Gelben Katalog als auch von ihren eigenen und anderen Bilder ab. Die Modelle in den Schulsätzen unterschieden sich nicht von denen aus der Serie. Einzig bei der Drehampel und den Verkehrszeichen, wurde mir mal gesagt, die schwarzolivgrüne Farbe hätte es nur in den Schulsätzen gegeben. Da diese Farbgebung deutlich seltener ist als das übliche Lichtgrau, mag das sein, ich weiß es allerdings nicht.
Anderen Modelle sieht man ihre Vergangenheit deutlicher an. In vielen Fahrschulen wurden Magnettafeln verwendet. Um den Fahrschülern Situationen darstellen zu können, ohne, dass sich alle um auf dem Tisch stehende Modelle versammeln, wurden den Autos, und manchmal auch dem Zubehör, Magnete untergeklebt. Die Wiking-Modelle in diesem Fach, haben einen solchen Magneten. Wie die Drahtachser-Feuerwehr neben den verglasten PKW zeigt, war dies wohl einige Zeit so üblich. Der Unimog und der Pferdewagen (SIKU V 429), leider beschädigt im Hintergrund, waren in der Schachtel eines niederländischen Siku-Schulsatzes, die ich an meinen Wiking-Händler weiterverkauft habe. Viele Sammler empfinden diese Magnete als Mangel, sicherlich entsprechen diese Modelle nicht mehr dem Auslieferungszustand, dafür ist ihre Herkunft deutlich sichtbar und sie wurden im Dienste der Verkehrserziehung durchaus gemäß ihrer Bestimmung verwendet. Nicht zuletzt eignen sich die Modelle mit Magneten auch hervorragend, um sie auf Untergründen zu fotografieren, auf denen andere wegrollen würden. Daher verwende ich auch bevorzugt diese Modelle für meine "Wiking onTour" Fotos.

1 Kommentar:

  1. Hallo Hansewikinger - Carsten,

    In meiner Fahrschulzeit 1973 waren die angesprochenen Magnetartikel noch Bestandteil meines Fahrschul-Unterrichtes. Schöner Beitrag, tolle Bilder und eine Erinnerung an die Jugendzeit.

    Grüße

    Wolfgang

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